Die Kinder Harrogaths
von Daniel Bettac
Anmerkung
Diese Geschichte spielt in der Welt von Diablo 2, einem
Computerspiel. Der Spieler kann in diesem Spiel Söldner anheuern, die seine
Figur dann begleiten. Dies ist die Geschichte eines dieser Söldner. Sie ist
so erzählt, wie er sie erlebt hat - na ja, fast so. Natürlich kann man die
Ereignisse in einem Computerspiel nicht eins zu eins in eine Geschichte
übertragen, aber wozu gibt es denn die dichterische Freiheit?
Die Geschichte ist noch nicht abgeschlossen und momentan sieht es auch nicht so aus, als würde die das jemals werden.
Sorry.
Trotzdem viel Spaß beim Lesen.
Personen- und Namensverzeichnis
- Khan -- Barbar, Erzähler
- Ulf -- sein bester Freund
- Malah -- Heilerin, eine der "Neuen Ältesten"
- Qua-Kehk -- Kampftrainer und einer der "Neuen Ältesten"
- Nihlathak -- Ältester, der einzige Überlebende des Abwehrzaubers gegen Baal
- Larzuk -- Waffenschmied
- Sendra -- Zauberin
- Vendor -- Necromancer (Totenbeschwörer)
- Marek -- Paladin
- Anya -- Tochter Malahs, gute Freundin von Khan und Ulf
- Obwut -- Druide, Kampfgefährte von Sendra
- Amplisa -- Jägerin, Kampfgefährtin von Sendra
- Natalya -- Assassine, Kampfgefährtin von Sendra
- Tyrael -- Erzengel, hilft entgegen dem Willen der himmlischen Kräfte den Menschen im Kampf gegen das Böse
- Shenk -- Aufseher, verantwortlich für die Katapulte bei der Belagerung von Harrogath
- Mephisto -- 'Der Herr des Hasses', einer der drei Höllenfürsten.
- Diablo -- 'Der Herr des Schreckens', einer der drei Höllenfürsten
- Baal -- 'Der Herr der Zerstörung', einer der drei Höllenfürsten
- Andariel -- 'Die Tochter der Qual', eines der vier niederen Übel
- Duriel -- 'Der Herr des Schmerzes', eines der vier niederen Übel
- Belial -- 'Der Herr der Lügen', eines der vier niederen Übel
- Azmodan -- 'Der Herr der Sünde', eines der vier niederen Übel
- ??? -- Gefängniswärter
Inhalt
Die Ankunft der Fremden
Funkensprühend klirrten unsere Schwerter aufeinander. Langsam aber sicher konnte ich meinen Gegner
zurückdrängen. Es war allerdings nicht leicht, er kämpfte um jeden Fußbreit,
gab sich keine Blöße. Mit einer schnellen Drehung, das Schwert mit beiden
Händen dabei in Richtung seines Kopfes schwingend, zwang ich ihn noch einen
Schritt nach hinten. Das verschaffte mir gerade einen Augenblick Zeit, um
mir den Schweiß aus den Augen zu blinzeln, dann setzte ich nach. Eine
plötzliche Aufwärtsbewegung meines Schwertes prellte ihm seine Waffe aus der
Hand, doch noch ehe ich ihm meine Klinge an die Kehle setzen konnte, war er
schon unter ihr durchgetaucht. Eine Rolle vorwärts brachte ihn sowohl aus
der Reichweite meines herabsausenden Schwertes als auch wieder in Besitz des
seinigen. Unschlüssig schauten wir uns beide einen Moment in die Augen. Alle
meine Kräfte zusammennehmend setzte ich zum letzten Angriff an, der ihn
einem wahren Wirbel von Fußtritten und Schwerthieben aussetzte. Diesmal
konnte er nicht rechtzeitig ausweichen, so dass meine Klinge auf seinem Hals
zur Ruhe kam.
"Khan!" Die wütende Stimme meines Mentors Qua-Kehk riss mich aus meinem
Kampfesrausch. "Khan! Stop." Seine Hand packte mich bei der Schulter und
riss mich herum. Reflexartig, ohne es eigentlich zu wollen, schwang ich
dabei mein Schwert in seine Richtung. Doch noch bevor es ihn erreichen
konnte hatte er mich schon entwaffnet und zu Boden gezwungen. Und wenn ich
hundert Jahre alt würde, ich glaube nicht, dass ich ihn im Kampfe besiegen
könnte.
"Was sollte das? Du hättest Ulf eben fast erschlagen." Seine Stimme war
jetzt gefährlich leise. "Habe ich euch nicht die Anwendung der
Wirbelwind-Technik untersagt, solange ihr im Training seid?"
"Ja, Mentor."
Er ließ mich los, richtete sich auf und klopfte den Staub des Übungsplatzes
von den Kleidern.
"Und deine Entschuldigung?"
"Keine, Mentor." Ich senke meine Augen, um seinem strengen Blick zu
entgehen. "Meine Instinkte sind mit mir durchgegangen und dafür gibt es im
Kampf keine Entschuldigung."
Er wandte sich Ulf zu, der betreten seine Waffe aufsammelte. "Und du?"
"Ich war nicht vorbereitet." Ulf klang genauso kleinlaut wie ich mich
fühlte. Er hatte nicht einmal versucht, eine der klassischen Abwehrtechniken
einzusetzen, die zu gebrauchen wir schon monatelang übten. "Ich habe mich
darauf verlassen, dass wir im Training sind."
Qua-Kehk seufzte. "Der eine zu heißblütig, der andere zu gutgläubig. Wenn
ihr da draußen seid und gegen Baals Dämonen kämpft, solltet ihr besser mit
jeder denkbaren Bosheit rechnen - und vielleicht auch noch mit ein paar
mehr." Gedankenverloren hob er mein Schwert vom Boden auf und reichte es
mir. "Seit drei Jahren nun seid ihr beide meine Schüler, meine beiden besten
mittlerweile sogar. Doch diese Eigenheiten hattet ihr von Anfang an und ich
konnte sie euch nicht abgewöhnen."
Ruckartig hob er den Kopf. "Ein wirklich guter Kampf war das eben, wirklich
gut. Ulf, wie du gesehen hast, hat Khan den Wirbelwind jetzt endlich
begriffen, er schlägt nicht mehr jeden zweiten Schlag ins Leere." Es war ein
schiefes Lächeln, dass er Ulf damit entlockte, aber immerhin ein Lächeln.
Wieder ernst schaute er uns beide an.
"Was meint ihr zwei, seid ihr bereit für die Welt da draußen?"
Fassungslos starrte ich erst ihn an, dann Ulf. Mit dem Begreifen seiner
Worte fingen wir beide gleichzeitig an zu grinsen.
"Natürlich sind wir bereit."
"Dann geht jetzt, und heute abend werde ich dem Ältestenrat zwei neue
Krieger vorstellen."
Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ uns stehen. So plötzlich wie
seine Worte gekommen waren, fanden wir uns allein gelassen in der
Trainingshöhle.
"Nun, Krieger Ulf, wie fühlt Ihr euch?"
"Besser als noch vor ein paar Minuten, Krieger Khan."
Mit großen Schritten und stolzgeschwellter Brust verließen wir die Höhle.
Als Kinder hatten wir sie betreten und als Männer traten wir nun daraus
hervor, bereit, uns den Übeln dieser Welt entgegenzuwerfen.
Vom Eingang aus konnte man die ganze Siedlung überblicken. Weiße Rauchwolken
quollen aus den Schornsteinen und Menschen gingen geschäftig hin und her.
Dieses scheinbar friedliche Bild wurde jedoch von den vielen Bewaffneten,
die auf der Mauer Wache standen, getrübt. Von drei Seiten bildete der Berg
Arreat einen unüberwindbaren Schutz, der von der vierten Seite her durch
eine starke, zehn Manneslängen hohe und zwanzig Schritt breite Mauer
vervollständigt wurde. Über ihre Länge von zweihundert Schritt hielten
ständig fünfzig Krieger Wache. Niemals durften sie ihre Aufmerksamkeit
abwenden, denn die Diener Baals, Dämonen, Untote und andere Monster,
versuchten zu jeder Tag- und Nachtzeit, unsere Schutzmaßnahmen zu umgehen.
Ulf packte meinen Arm. "Sieh doch, dort, am Tor."
Jetzt sah ich sie auch, eine größere Gruppe von Reisenden, wie mir schien.
Mindestens zwei Dutzend Leute scharten sich am Tor, jedoch umringten die
Wachen sie eng und schienen nicht besonders begeistert von den Besuchern.
Wir liefen los, mehr aus Neugierde, denn es hatte schließlich keinen Alarm
gegeben. Doch als wir näher kamen wurde uns die Besorgnis der Wachen klar.
Die wenigsten der Neuankömmlinge waren Menschen.
Der eine war groß gewachsen und kräftig gebaut, mit Helm, Rüstung, Schild
und Schwert bewehrt. Sein noch junges Gesicht zeigte bereits viele Narben
und seine Bewegungen waren die eines Mannes, der es gewohnt ist, jederzeit
zur Waffe greifen zu müssen um sich zu verteidigen. Das beeindruckendste an
ihm war jedoch seine Ausstrahlung. Als wir in seine Nähe kamen fühlten wir
uns plötzlich frisch und erholt. Ein plötzliches Jucken ließ mich auf meine
Hand blicken und ich sah zu meinem Erstaunen, wie eine Schürfwunde, die ich
mir vor ein paar Tagen beim Training zugezogen hatte, vor meinen Augen
heilte. Ich hatte zwar noch nie zuvor einen Paladin gesehen, aber mir war
sofort klar, dass dieser Mann einer sein musste.
Der zweite Mann war mittelgroß aber von eher schmächtiger Statur. Gekleidet
war er in Leder und Stoff, eine eher ungewöhnliche Reisekleidung in diesen
Zeiten. An seinem Gürtel hingen mehrere graue Gebilde die aussahen wie die
verkleinerten Köpfe von irgendwelchen grausigen Monstern. Bewaffnet war er
nur mit einem Dolch und einem kleineren Stab, der zum Kämpfen ungeeignet
schien. Um ihn jedoch drängte sich ein Haufen Kreaturen, welche die
Beunruhigung der Wachen erklärten. Eine gut drei Schritt große Gestalt aus
purem Feuer hatte sich zwischen ihn und die Speere der Männer gestellt.
Mehrere Skelette, denen teilweise noch mehr oder weniger große Fetzen
verwesenden Fleisches anhafteten, machten drohende Gebärden in Richtung der
Krieger. Einige von ihnen hatten merkwürdig leuchtende Hände, die ständig
Bälle aus Magie zu formen schienen.
Ich hatte schon Gerüchte über diese Art von Männern gehört, sie jedoch nie
besonders ernst genommen. Welcher Mensch bei gesundem Verstand würde sich
schon der Erforschung der Toten widmen?
"Ein Necromancer. Und auch noch in Begleitung eines Paladins. Wahrlich,
diese schlimmen Zeiten zwingen uns zu merkwürdigen Bündnissen." Die Stimme
Malahs riss uns alle aus unseren Betrachtungen. Malah war der gute Geist der
Siedlung. Wenn man ihr glauben durfte, war sie einst eine Schülerin des
geheimnisvollen Zauberinnenordens, hatte jedoch festgestellt, dass sie zu
anderem berufen wäre. Wie auch immer, niemand hätte es je gewagt, ihre
Begabung auf dem Gebiet der Magie und der Heilkunst in Frage zu stellen.
Auch ihre Menschenkenntnis war immer wieder verblüffend. Und jetzt ging sie
mit einem strahlenden Lächeln an den Wachen vorbei auf die beiden
Neuankömmlinge zu.
"Sire. Es ist mir eine Ehre, Euch hier begrüßen zu dürfen. Mein Name ist
Malah."
Ein Lächeln ging über das Gesicht des Paladins, als sie seine Hand ergriff
und schüttelte.
"Und Ihr, Milord?" Ohne den Fremden zu Wort kommen zu lassen, drehte sie
sich zu dem Necromancer um. "Ich habe schon viel von Eurer Zunft gehört,
wiewohl ich noch keinen von Euch die Ehre hatte zu treffen."
Auch er lächelte und ergriff ihre Hand.
"Mein Name ist Vendor, und mein Gefährte hier," dabei wies er auf den immer
noch stumm lächelnden Paladin, "nennt sich Marek. Wir freuen uns sehr, diese
Ansiedlung hier wohlbehalten vorzufinden. Nach all den Gerüchten über Baals
Vordringen und den Spuren, die sein Bruder in Tristram hinterließ, mussten
wir mit allem rechnen."
"Ihr wart in Tristram? Habt dort gekämpft? Wie..." Malah war die Aufregung
anzumerken, doch sie riss sich zusammen. "Aber wo bleiben meine Manieren! So
kommt doch, folgt mir, ihr seid meine Gäste." Sie drehte sich um und machte
Anstalten, zu ihrem Haus voranzugehen, als sie die Gesichter der Wachen
bemerkte. Erneut wandte sie sich dem Necromancer zu.
"Milord, ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber die Männer sind
beunruhigt wegen Eurer, ähm, Begleiter. Wisst ihr, der Anblick ist einfach
zu ungewohnt..."
Ein spitzbübisches Lächeln stahl sich über sein Gesicht. "Ihr habt Angst,
ich könnte die Kinder erschrecken, eh? Nun gut. Golem!" Das letzte Wort war
an das große Feuerwesen gerichtet, das sich zu ihm umwandte. Auf eine
Handbewegung hin brachen die Skelette zu leblosen Knochenhaufen zusammen,
die unter einer Berührung des seltsamen Wesens zu feiner Asche verbrannten.
Anschließend berührte er diesen seltsamen Golem mit dem Stab aus seinem
Gürtel und von einem Augenblick zum anderen verschwand dieser spurlos. Dann
wandte er sich den Wachen zu und verneigte sich spöttisch.
Ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen wandten sich die Drei in die
Richtung von Malahs Haus, worin sie fröhlich plaudernd verschwanden.
"Na, das kann ja heiter werden, ein Necromancer hier bei uns." Der alte
Nihlathak war hinter uns getreten, stütze sich auf seinen Stock und sprach
dabei vor sich hin.
"Wenn sogar die schon in zivilisierten Gegenden geduldet werden, dann muss
die Lage wohl schlimmer sein als ich gedacht hätte."
Ich stieß Ulf an und wir machten, dass wir da wegkamen. Wenn Nihlathak uns
erst einmal direkt ansprechen würde, kämen wir wieder erst Stunden später
von ihm weg, denn wer würde schon dem letzten der Ältesten ins Wort fallen,
auch wenn er inzwischen nicht mehr ganz er selbst war.
"Ich würde zu gern hören, was die beiden Fremden alles zu erzählen haben",
meinte ich zu Ulf." Sie scheinen weit gereist zu sein, wenn sie wirklich aus
Tristram zu uns kommen."
"Ich denke, die wirklich wichtigen Sachen werden sie erst heute abend bei
der Versammlung der Ältesten erzählen. Und da die Krieger, die keine Wache
haben, dort zuhören dürfen..."
Er musste nicht aussprechen, denn auch ich wusste, dass wir heute abend das
erste Mal bei dieser Versammlung sein würden. Erneut machte sich die Freude
in mir breit, während wir zum Badehaus gingen.
Aus dem Gang zum dorthin wurde, ohne dass wir es beabsichtigt hatten, ein
kleiner Wettlauf. Obwohl er normalerweise schneller rennen konnte als ich,
schaffte ich es, Ulf an einer Hausecke abzudrängen, so dass ich vor ihm
anlangte. Ich wollte gerade die Tür öffnen als sie auch schon von innen
aufging und Anya heraustrat. Mit vollem Schwung lief ich sie über den Haufen
und Ulf, der direkt hinter mir war, fiel noch über uns beide. Wann genau
dabei die Heiltränke in ihrem Korb zerbrachen weiß ich nicht, aber der
Schaden war es, der zählte. Zornig sprang Anya auf und versuchte noch zu
retten, was zu retten war.
"Könnt ihr beide nicht aufpassen?" Wenn eine junge, hübsche Frau einen in
diesem Tonfall anschreit, dann wird der stärkste Krieger kleinlaut.
Jedenfalls ging es Ulf und mir so. Wir schafften es noch, aus ein paar
zerbrochenen Flaschen Reste ihres Inhalts zu retten, aber das meiste war
verschüttet.
"Was rennt ihr auch so hier herum? Seht, was ihr angerichtet habt." Anya
klang schon wieder ruhiger, eigentlich konnte sie nämlich nie lange jemandem
wirklich böse sein. Nicht einmal, wenn es einen guten Grund gab.
"Wir werden dir natürlich helfen, neue zu brauen", schlug Ulf vor. Jetzt
lachte Anya schon wieder.
"Nein, nein, lasst mal, dann sieht meine Küche nachher genauso aus wie der
Boden hier." Sie deutete dabei auf die Pfütze. "Ich kenne euch beide doch zu
gut, um euch in die Nähe von Glasflaschen zu lassen."
"Was bitte soll das heißen", fragte ich in gespielt eingeschnapptem Tonfall.
"Ach, lass es gut sein, mit euren Waffen geht ihr ja recht geschickt um,
aber mit dem Kochlöffel... Khan, ich weiß noch genau, wie du damals, als
deine Mutter krank war, für euch alle kochen wolltest. Wenn Malah sich
damals nicht eurer erbarmt hätte, wärst du wohl kaum so groß und stark
geworden, wie du jetzt bist."
An Ulfs leisem Lachen konnte ich erkennen, dass es besser wäre, das Thema
nicht noch weiter zu verfolgen und darum versuchte ich, davon abzulenken.
"Hast du schon von den beiden Besuchern gehört? Ein Paladin und ein
Necromancer sind gerade angekommen."
Jetzt wurden ihre Augen groß.
"Ein echter Necromancer? Und dann auch noch in Begleitung eines Paladins?"
Ungläubig schaute sie zu Ulf, der mit einem Nicken meine Worte bestätigte.
"Sie sind jetzt bei Malah, wenn du Glück hast, stellt sie dich ihnen vor."
Noch bevor Ulf diese Worte ausgesprochen hatte war Anya mit einem Dankesruf
davongeeilt.
Kriegerweihe
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit begann sich die Ratshütte zu füllen. Praktisch jeder, der keine Wache hatte und für
reif genug befunden wurde, der Versammlung beizuwohnen, wollte sich die
Geschichte der beiden Fremden nicht entgehen lassen. Schon jetzt kursierten
die verschiedensten Gerüchte darüber, wer sie waren und woher sie kamen.
Natürlich waren Ulf und ich schon hier gewesen, nicht zuletzt deswegen, weil
es uns bisher verboten gewesen war. Doch auch mit dem der Anblick des Raumes
Vertraute mussten sich einfach beeindruckt zeigen von der Atmosphäre die
hier herrschte. An der Wand brannten magische Fackeln, die ein
gleichmäßiges, warmes Licht spendeten und niemals erloschen. Von der Tür zur
Stirnseite des Raumes verlief ein breiter Gang, rechts und links gesäumt von
Bänken, auf denen die Männer und Frauen sitzen konnten. An der Stirnseite
jedoch befand sich ein großer, U-förmiger Tisch, an dem der Rat sitzen
würde. Saß man an diesem Tisch, so war alles was man sprach problemlos im
gesamten Raum zu hören. Anya hatte immer vermutet, dass dies mit der
magischen Ausstrahlung der Stirnwand zusammenhinge, aber das war ein Gebiet,
auf dem weder Ulf noch ich ihr hätten widersprechen können.
Im Moment jedoch konnte man sein eigenes Wort im Raum nicht verstehen, zu
viele Leute sprachen durcheinander, riefen sich teils fröhliche, teils
ernste Bemerkungen zu oder saßen einfach da und schliffen ihre Waffen.
Wie selbstverständlich rückten ein paar Leute auf den ersten Bänken enger
zusammen, um Ulf und mir Platz zu machen. Auch die Nachricht von uns, den
beiden neuen Kriegern, schien schon die Runde gemacht zu haben. Anerkennende
Worte und herzliches Schulterklopfen kamen von allen Seiten. Neue Krieger
von außerhalb strömten zwar jeden Tag nach Harrogath, aber Nachwuchs aus der
Siedlung selbst war selten geworden, seit Baals Horden ihre Opfer forderten.
Dementsprechend war auch die allgemeine Stimmung, denn trotz der vielen
oberflächlichen Scherze konnte man doch die Anspannung sehen, unter der wir
alle jetzt schon seit Wochen standen. Viele hofften auf gute Neuigkeiten von
den Fremden, waren doch ernstzunehmende Botschaften von außerhalb der
Barbarenländer seltener geworden.
Eine Hand legte sich von hinten auf meine Schulter. Ich drehte mich um und
sah Anya, die dort mit Larzuk, dem Waffenschmied der Siedlung, saß. Zwischen
sich hatten die beiden ein in Decken gehülltes, mehrfach verschnürtes Paket
liegen.
"Ich wollte doch die Kriegerweihe nicht verpassen", sagte sie lächelnd.
Doch noch ehe ich etwas erwidern konnte, verstummten plötzlich die Stimmen
um uns herum. Mich umdrehend, konnte ich an der Tür Malah mit ihren beiden
Gästen sehen, die gefolgt von Nihlathak und dem Rest des Rates den Raum
betraten. Sie alle nahmen auf den Bänken an der Stirnseite des Raumes Platz,
auch die beiden Fremden, für die zwei extra Stühle dorthin gestellt worden
waren.
Nur Qua-Kehk war stehengeblieben und winkte Ulf und mich nach vorne.
Förmlich stellte er uns den anderen sechs Ratsmitgliedern vor, so, als wenn
diese uns noch nie zuvor gesehen hätten. Genauso förmlich gab uns ein jeder
von ihnen die Hand und begrüßte uns im Kreis der Krieger. Außenstehende
waren oft verwundert über die kurzen Aufnahmezeremonien, aber bei uns galt
ein Krieger alleine nicht viel. Erst musste er sich im Kampf beweisen, bevor
wir ihn feierten. Das galt für jeden von uns, wenn auch einige wenige andere
Möglichkeiten als die Schlacht fanden, sich die Achtung ihrer Kameraden zu
verdienen.
Natürlich gab es trotzdem Glückwünsche von allen Seiten, als wir an unsere
Plätze zurückkehrten. Qua-Kehk selbst trat noch einmal zu Ulf, nachdem er
sich von einem der Krieger ein Schwert hatte reichen lassen.
"Dein Vater wollte, dass du dies eines Tages trägst. Es war das Schwert
deines Großvaters. Er hat es einst selbst geschmiedet."
Ich hielt den Atem an, als Ulf die Klinge aus der Scheide zog. Wenn schon
das Geräusch dabei von gutem Stahl zeugte, so war der Anblick der Klinge
selbst so großartig, wie ich es noch bei keinem Schwert gesehen hatte. Es
war ein Zweihänder. Mattschwarz schimmernd und gut zwei Schritt lang, schien
es vor Energie zu vibrieren. Ich hatte nie einen Sinn für Magie entwickelt,
aber Anyas überraschtes Luftholen verriet mir, dass nicht nur einfacher
Stahl bei der Herstellung dieser herrlichen Waffe verwendet worden war.
Schließlich hob Ulf den Blick und sah Qua-Kehk in die Augen.
"Ich danke euch, mein Meister. Ich werde diese Waffe in Ehren halten."
Qua-Kehk wandte seine Augen mir zu.
"Eigentlich wollte ich auch dir eine Waffe überreichen, aber heute
nachmittag wurde ich gebeten, dies jemand anderem zu überlassen." Mit einem
Lächeln nickte er Anya zu. "Du bist an der Reihe."
Überrascht wandte ich mich um. Larzuk hatte die Verschnürungen um das Paket
gelöst und reichte es Anya, die es hastig auswickelte. Zum Vorschein kam ein
unscheinbar wirkendes Bastardschwert. Diese Schwerter werden gewöhnlich
beidhändig geführt, sind aber leicht genug um mit einer Hand geschwungen zu
werden. Ich zog es aus der Scheide und das Gemurmel der Umstehenden
verstummte schlagartig. Das Heft war praktisch aber schmucklos geformt.
Lederstreifen, die nass um den Griff gewickelt und danach getrocknet waren,
sorgten für einen guten Halt. Das eigentlich beeindruckende war jedoch die
Klinge. Zweimal so lang wie mein Arm war sie, beidseitig geschliffen und
über die ganze Länge hinweg mit fein gravierten Symbolen versehen. In allen
Farben schimmerten diese auf ihrem silbrigen Untergrund. Als ich es
probehalber einmal über meinem Kopf schwang, konnte ich das Gewicht kaum
spüren. Ich testete die Schneiden mit meinem Daumen und blutete sofort aus
zwei Schnittwunden.
"Sei vorsichtig." Anya hielt meinen Arm fest. "Ich habe es mit magischen
Runen versehen, die das Schwert immer scharf halten und es nicht zerbrechen
lassen." Mit einem Grinsen deutete sie auf Larzuk. "Er hat es für mich
geschmiedet und ich habe es verzaubert, also ist es ein Geschenk von uns
beiden."
Ich wusste nichts zu sagen, zu fassungslos war ich über diese unverhoffte
Gabe. Ein Schwert wie dieses würde einen hohen Preis erzielen - so ich es
denn jemals weggeben wollte. Schließlich umarmte ich Anya und schüttelte
Larzuk die Hand. Doch noch bevor einer von uns etwas sagen konnte, ergriff
Nihlathak das Wort.
"Nun, da die Aufnahmezeremonie vollendet ist, wollen wir uns wieder den
wichtigen Dingen zuwenden. Wir haben zwei Gäste, die Neuigkeiten aus der
Ferne bringen. Wollen wir uns nicht setzen und hören, was sie zu berichten
haben?"
Für diese Worte erntete er erstaunte Blicke, war doch die Kriegerweihe bei
weitem nicht so unwichtig, wie er es angedeutet hatte. Wenn sie auch sehr
formlos war, so bedeutete sie doch einen wichtigen Schritt im Leben eines
Mannes - und auch einer Frau. Doch wieder einmal siegte der Respekt vor dem
Ältesten und niemand widersprach. Statt dessen warfen die Leute uns
entschuldigende Blicke zu, während sie sich wieder setzen und ihre
Aufmerksamkeit auf Vendor und Marek richteten. Zu meiner Überraschung kam
auch von letzterem ein Blick, der nur eine Entschuldigung sein konnte, bevor
er aufstand und das Wort ergriff. Auch die Fremden hatten also Nihlathaks
merkwürdiges Verhalten gespürt, und die Bedeutung scheinbar richtig
eingeordnet. Seit die Ältesten sich für den Schutzzauber geopfert hatten, um
unsere Siedlung vor dem direkten Angriff Baals zu schützten, war Nihlathak,
der einzige Überlebende dieser Beschwörung, nicht mehr er selbst, schien
durch die Erfahrung ein wenig an Verstand verloren zu haben. Doch diese
Gedanken dauerten nur einen Moment lang an, dann beugte ich mich nach vorne
und ließ mir keines von Mareks Worten entgehen.
Er fing an mit Begebenheiten, über die wir schon von anderen erfahren
hatten, doch niemand unterbrach ihn. Botschaften, die nur mündlich über
große Entfernungen übermittelt werden, hört man sich besser von so vielen
Berichterstattern als möglich an, da sie oftmals nur verstümmelt ihr Ziel
erreichen. Um so mehr, als, wie wir mit Erstaunen feststellten, Marek und
Vendor nicht einfach nur von den Ereignissen berichteten, sondern sie
offenbar auch selbst miterlebt hatten.
Er erzählte kurz von den Ereignissen um die Stadt Tristram, deren Kathedrale
von den Dämonen der Hölle erobert worden war. Von den mutigen Männern und
Frauen, die sich diesen Mächten entgegengestellt hatten. Er sprach davon,
wie Diablo, der Herr des Hasses, besiegt zu sein schien. Doch noch während
die Siegesfeiern andauerten reiste sein Bezwinger ab, und seinen Weg säumten
Terror und Zerstörung. Eine neue Welle von Dämonen überrannten Tristram,
töteten seine Bewohner und verbreiteten neuen Schrecken über das Land. Eine
Gruppe Abenteurer, zu denen auch Marek und Vendor damals gehörten, erreichte
die Schreckensnachricht bei den Schwestern vom verborgenen Auge. Der
Wanderer, wie der ehemalige Held und vermeintliche Bezwinger Diablos
mittlerweile genannt wurde, war auch hier vorbeigekommen und hatte seine
Zeichen hinterlassen. Nur wenige der Schwestern waren aus ihrem Kloster
entkommen und hatten in den Wäldern der Umgebung Schutz gefunden. Jedoch mit
der tatkräftigen Hilfe von Marek und seinen Gefährten war es ihnen gelungen,
das Kloster zurückzuerobern. Dort trafen sie auch auf die Wächterin, die der
Wanderer zurückgelassen hatte: Andariel, eines der niederen Übel der Hölle.
Ich schauderte bei dem Gedanken an den Kampf, den diese Menschen sich dort
mit den Dämonen geliefert haben mussten.
Der Spur des Wanderers waren sie nach Lut Golein gefolgt, der Wüstenstadt.
Eine der Jägerinnen, Amplisa, hatte sich ihnen angeschlossen. Die Gruppe
bestand zu diesem Zeitpunkt aus Marek, Vendor, Amplisa, Obwut, einem Druiden
und Sendra, einer Zauberin. In Lut Golein hatte sich ihnen noch Natalya,
eine Assassine angeschlossen. Doch leider waren sie auch hier zu spät; der
Wanderer hatte es geschafft, den im Körper des legendären Magiers Tal Rasha
eingesperrten Baal zu befreien und die Gruppe traf nur auf Duriel, auch
eines der vier niederen Übel der Hölle. Beim Kampf mit dieser Kreatur waren
Vendor und Amplisa lebensgefährlich verletzt worden. Marek hatte sich bereit
erklärt, bei den Verwundeten zu bleiben, während der Rest des Trupps die
noch heiße Spur in Richtung Kurast verfolgte. Der Erzengel Tyrael, den sie
gefangen und unsäglich geschwächt aus dem Grab Tal Rashas befreien konnten,
erzählte ihnen, dass dort das dritte der drei großen Übel, Mephisto, auf die
Befreiung durch seine Brüder wartete. Der Wanderer selbst hatte Tyrael
eingekerkert, denn, so sagte Tyrael, Diablo hatte den Körper seines
einstigen Bezwingers übernommen um in ihm eine neue, noch mächtigere Hülle
zu haben.
Vendor erholte sich zwar langsam von seinen Wunden, jedoch kam für Amplisa
jede Hilfe zu spät. Wenige Wochen später, Vendor war noch nicht wieder
reisefähig, erreichte die Kunde von Sieg über Mephisto Lut Golein. Den
Erzählungen der Händler zufolge waren Diablo und Baal geflohen, Diablo in
die Abgründe der Hölle und Baal in die Berge Harrogaths. Hier stockte Mareks
Erzählung.
"So wissen wir, dass eines der drei großen Übel vernichtet wurde, jedoch
sind da noch Baal und Diablo. Über das Schicksal unserer Gefährten war
nichts in Erfahrung zu bringen, so sind wir denn nach Harrogath gereist, um
zuerst Baal gegenüber zu treten. Sollten wir erfolgreich sein, werden wir
uns auch um Diablo Gedanken machen, doch bis dahin..." Er unterbrach sich
und lächelte müde in die Runde.
Die Belagerung
"Aber man sagte uns, Diablo sei tot." Es war undenkbar, dass einer der Krieger das Wort ergriff, ohne von einem der Ältesten dazu aufgefordert worden zu sein. Doch Larzuk war ein geachteter Mann, der beste Waffenschmied der Siedlung, so dass selbst Qua-Kehk ihm nur einen ärgerlichen Blick zuwarf. Vendor zuckte mit den Schultern.
"Wir sind seitdem ununterbrochen unterwegs gewesen, haben kaum einen
Menschen zu Gesicht bekommen. Sollte es wirklich jemand gewagt haben, die
Pforte zur Hölle zu durchschreiten, wir wissen nichts darüber." Sein Gesicht
wirkte plötzlich erschöpft. "Wenn ihr mich fragt, ich glaube nicht, dass es
viele Leute gibt, die den Mut dazu aufbringen würden. Und noch weniger, die
dort auch noch eine Chance hätten zu überleben."
Marek räusperte sich. "Selbst wenn Diablo tot wäre, so gibt es doch immer
noch Baal. Er muss unter allen Umständen daran gehindert werden, den
Weltenstein..."
Ein lautes Krachen unterbrach seine Worte, gefolgt von Schmerzensschreien
und Hilferufen. Noch bevor die Alarmhörner tönten, strömten die Krieger
schon aus dem Haus. Ulf und ich wurden im Gedränge getrennt, statt dessen
fand ich mich plötzlich neben Marek. Er griff nach meiner Schulter und rief,
ich solle ihn schnell auf die Mauer bringen. Eilig hasteten wir die
Wehrgänge empor, wo wir auf Anya und den Necromancer stießen.
Ein schauderhafter Anblick bot sich uns. Die ganze Ebene vor der Siedlung,
seit dem Krieg von den Männern auch das "blutige Vorgebirge" genannt, war
von Terrassen durchzogen, auf denen wir in Friedenszeiten Getreide anbauten.
Jetzt wimmelte es dort nur so von Dämonen, die jedoch, anders als beim
letzten Angriff, nicht auf die Stadtmauern zurannten. Statt dessen schienen
sie dort draußen, weit vor dem Tor, riesige Katapulte zu errichten.
Ein Feuerball erhob sich in einiger Entfernung in die Luft und raste auf die
Mauern zu. Er fiel jedoch zu kurz um Schaden anzurichten. An einer anderen
Stelle platzte ein Geschoss beim Aufprall an der Mauer und grünliche Gase
entwichen. Die Männer in der Nähe wichen zurück, fingen an zu husten. Einer
von ihnen schien zu viel des Giftes eingeatmet zu haben, er lag am Boden und
rührte sich nicht mehr. Andere sprangen hinzu und trugen ihn fort. Als ich
meine Aufmerksamkeit wieder auf die Terrassen richtete, sah ich einen
weiteren Feuerball auf uns zukommen. Dieser jedoch würde nicht zu kurz
fallen, das war jedem klar. Plötzlich schallte Mareks Stimme: "Nieder, auf
den Boden".
Ob nun Anya mich oder ich sie zu Boden riss, weiß ich nicht mehr. Fest steht
jedoch, dass der Paladin mit ausgebreiteten Armen stehen blieb, direkt dort,
wo das Geschoss aufprallen würde, so als wolle er es willkommen heißen. Die
Luft um ihn erstrahlte plötzlich in einem roten Glanz und seine Stimme war
klar und deutlich zu vernehmen, als er um Kraft betete.
Dann geschah das Unglaubliche. Die Feuerkugel zerbarst mitten unter uns und
doch wurde niemand verletzt. Eine Flamme züngelte meinen Arm hinauf und doch
spürte ich keine Hitze. Innerhalb weniger Sekunden waren die Flammen
erloschen und außer den am Boden liegenden Kriegern zeigte nichts mehr an,
dass sie einmal da gewesen waren. Vorsichtig schauten wir uns um, bevor wir
uns wieder erhoben. Marek ließ die Arme sinken und grinste. Ich ergriff
seine ausgestreckte Hand und war mit einem Ruck wieder auf den Beinen, die
unter anderen Umständen jetzt verbrannt und nutzlos gewesen wären.
Noch bevor ich ein Wort des Dankes sagen konnte, ertönte hinter uns die
Stimme von Qua-Kehk.
"Anya, bitte hilf Malah unten bei den Verwundeten. Sir Marek, wir schulden
Euch Dank."
Jetzt mischte sich Vendor ein.
"Qua-Kehk, Ihr wisst, dass nur wenige dieser Katapulte nah genug sind, um
den Mauern gefährlich zu werden? Man sollte sie zerstören."
"Oh ja, das wissen wir. Im Augenblick bereiten fünfzig meiner Männer einen
Ausfall vor."
Diese Worte wurden bereits begleitet von den Rufen der Männer, die aus dem
Tor heraus und in Richtung der Katapulte strömten.
Vendor blickte sich suchend um und trat dann zu einem der Wachposten, der
einen Bogen über die Schulter trug.
"Könnt ihr von hier aus dieses Katapult erreichen?" Er zeigte dabei auf
dasjenige, welches den Feuerball auf uns geschossen hatte. Der Mann
schüttelte den Kopf.
"Erreichen ja, aber auf diese Entfernung ist es unmöglich, etwas zu treffen.
Abgesehen davon hätte der Pfeil dann keine Kraft mehr."
Vendor schien einen Augenblick zu überlegen.
"Der Pfeil muss nichts treffen, es reicht, wenn er seine Fracht neben dem
Katapult zu Boden fallen lässt."
Der Krieger blickte fragend zu Qua-Kehk, welcher nach einem neugierigen
Blick auf Vendor nickte. Daraufhin nahm er den Bogen von der Schulter und
legte einen Pfeil auf.
"Einen Augenblick, mein Freund, einen Augenblick." Der Necromancer hatte
seinen kurzen Stab gezogen und wirbelte ihn in einer komplizierten Figur
durch die Luft. Eine kleine Flamme erschien an der Spitze des Stabes, mit
welcher er den Pfeil entzündete. "Denkt daran, so dicht wie möglich an das
Katapult, ob ihr wirklich trefft ist dabei nicht so wichtig."
Der Mann spannte den Bogen an und zielte. Im nächsten Augenblick stieg der
Pfeil als kleiner, leuchtender Punkt zum Himmel auf, wo er kurz zu verharren
schien, bevor er sich wieder zu Boden senkte. Er fiel etwa zehn Schritt vor
dem Katapult zu Boden, wo er in einer Stichflamme explodierte. Im nächsten
Moment stand das merkwürdige Feuerwesen, in dessen Begleitung Vendor uns
heute erreicht hatte, an diesem Platz. Mit wenigen Schritten war es beim
Katapult und fing an, dieses mit mächtigen Schlägen zu bearbeiten. Die
Dämonen, welche das Kriegsgerät bedienten, griffen das Wesen zwar wild
entschlossen an, schienen aber keinen Schaden anzurichten. Im Gegenteil,
einige von ihnen gingen selbst in Flammen auf, als sie es berührten.
Dieser Anblick beflügelte unsere Krieger, sie jubelten laut und schwangen
wild ihre Waffen. Der Feuergolem, wie Vendor das Wesen nannte, hatte "sein"
Katapult inzwischen zerstört und suchte sich ein neues Ziel. Dies fand er in
einem riesenhaften Dämon, der wie aus dem Nichts vor dem Golem auftauchte.
Die beiden bearbeiteten sich gegenseitig mit wilden Schlägen.
Unsere Männer standen mittlerweile einem nicht versiegenden Strom von
Dämonen gegenüber. Zwei Katapulte hatten sie ausschalten können, doch jetzt
wurden sie Schritt für Schritt von den Gegnermassen zurückgedrängt. Aus dem
Hinterland erhielten die Bestien noch Unterstützung durch weitere Katapulte,
die Geschosse aus magischem Eis in die Reihen der Krieger schleuderten. Nur
etwa zwanzig von ihnen konnten sich in den Schutz der Mauern zurückziehen,
der Rest blieb auf dem Schlachtfeld liegen. Noch immer waren jedoch zwei
Katapulte übrig, deren Geschosse die Stadtmauern erreichen konnten.
Unaufhörlich regnete es Feuer, Eis, Gift und sogar Blitze auf die
Verteidiger nieder.
Marek nahm eine kleine Flasche aus einem Fach an seinem Gürtel und leerte
sie in einem Zug. Magisch unbedarft oder nicht, in diesem Moment spürte auch
ich die magischen Energien, die in Richtung seines Körpers strömten. Er
zeigte mit der rechten Hand auf eines der Katapulte und murmelte einige
Gebete. Plötzlich ballte er die Hand zur Faust und hieb damit in seine flach
ausgestreckte Linke. Über dem Katapult erschien plötzlich eine große Faust,
die aus Blitzen geformt zu sein schien. Sie sauste auf die Konstruktion
herab und zermalmte sie zu Staub. Einige der umstehenden Dämonen wurden
gleichermaßen von ihr erfasst, schienen aber merkwürdigerweise keinen
größeren Schaden zu nehmen. Marek blinzelte erschöpft und wiederholte die
Prozedur, wobei er auf das letzte verbliebene Katapult zeigte. Diesmal war
die Faust wesentlich kleiner und das Katapult zerfiel nicht zu Staub,
sondern ging in Flammen auf. Marek wankte vor Erschöpfung und ich konnte ihn
gerade noch stützen, sonst wäre er rückwärts vom Wehrgang gefallen.
Ich ließ ihn sich setzen und an die Mauerkrone lehnen. Qua-Kehk gab ihm mit
einem ehrfurchtsvollen Blick aus seiner Feldflasche zu trinken und schon
nach kurzer Zeit waren Mareks Augen weniger glasig. Wir richteten uns auf
und schauten wieder hinaus auf das Geschehen.
Die Dämonen hatten sich zu den verbliebenen Katapulten, die jedoch die
Stadtmauern nicht erreichen konnten, zurückgezogen. Nur der große war
geblieben und attackierte den Feuergolem wilder und wilder. Hinter mir hörte
ich Vendor leise Beschwörungen murmeln, doch plötzlich unterbrach er sich
mit einem Fluch.
"Dieses Vieh ist stärker als mein Golem", rief er mit Verwunderung.
In diesem Moment zerbarst dieser auch schon in einer Explosion aus purem
Feuer, die dem Monster jedoch nicht viel anzuhaben schien. Es schüttelte
sich, richtete seinen Blick dann auf die Mauern und rief: "Nun gut, wir
kommen nicht näher heran, aber ihr könnt diese Mauern nicht mehr verlassen.
Wir wollen sehen, wer eher aufgibt."
Seine Stimme war unangenehm, aber laut genug, um sie auch hier auf der
Stadtmauer gut zu verstehen. Lachend wandte es sich ab und ging auf die
Reihen der anderen Dämonen zu. Plötzlich jedoch drehte es sich noch einmal
um und starrte Vendor direkt an.
"Du Wicht wagst es, mich mit deiner jämmerlichen Magie herauszufordern?
Komm, wenn du es noch einmal versuchen willst. Frag einfach einen meiner
Untergebenen nach Shenk, dem Aufseher." Ein meckerndes Lachen war das
letzte, was wir von ihm hörten.
Es folgte eine unruhige Nacht. Obwohl die Dämonen einen gehörigen Abstand
zu den Mauern hielten und auch keine neuen Katapulte in Reichweite
aufstellten, wollte keiner seinen Posten auf den Mauern verlassen. Nur mit
Mühe überzeugte Qua-Kehk die Wachen der nächsten beiden Schichten, sich
zwischenzeitlich zum Schlafen niederzulegen. Ich beneidete Ulf, der mit
Vendor und einigen Männern den Schutz der Mauern verlassen durfte, um unsere
Gefallenen zu bergen. Derweil kümmerte ich mich um Marek, der immer noch
sehr erschöpft von seiner letzten Anstrengung war. Aber auch so bekam ich
den beängstigenden Anblick von Vendors Wiederbelebten mit, wie sie die
Leichen in die Stadt trugen und auf dem Friedhof ablegten. Scheinbar hatte
er sich der Überreste getöteter Dämonen bedient, um eine Reihe von Skeletten
zu erschaffen, die ihm nun aufs Wort gehorchten. Auch den Wachen konnte man
ansehen, dass ihnen nicht ganz wohl bei der Sache war. Vendor jedoch
erwiderte die nervösen Blicke mit einem unbekümmerten Grinsen und teils sehr
makaberen Scherzen.
Marek schien eine Weile in Gedanken versunken zu sein, so dass ich mich ein
wenig entfernte, um ihn nicht zu stören. Einige Minuten später kam ich
zurück und fand ihn in ein Gespräch mit Qua-Kehk. Dieser wirkte nicht sehr
begeistert, wandte sich dann aber mir zu.
"Khan, unser Gast hat mich um die Hilfe unserer Krieger gebeten. Allein
schon wegen der Hilfe, die er uns heute geleistet hat, kann ich seine Bitte
unmöglich ablehnen. Jedoch will er um keinen Preis", hier musste er doch
wieder lächeln, "einen älteren, erfahrenen Krieger akzeptieren. Ganz im
Gegenteil, er bestand darauf, dich als ersten zu fragen."
Ich blickte Marek überrascht an. Nun gut, ich hatte ihm auf der Mauer
geholfen so gut ich konnte, aber das hätte auch jeder andere tun können.
"Genau genommen baten er und Vendor um die Hilfe zweier Krieger. Wen
schlägst du als zweiten vor?"
Diesmal schaute ich Qua-Kehk verwirrt an. Meinte er diese Frage wirklich
ernst?
"Meister, ihr..." Ich unterbrach mich, denn mir fiel ein, dass er nicht mehr
mein Lehrmeister war. "Qua-Kehk, ihr wisst, dass ich auf jeden Fall um Ulfs
Hilfe bitten werde. Auch wenn wir bisher wenig Erfahrung haben, so sind wir
gemeinsam im Kampf doch unschlagbar."
Qua-Kehk kicherte.
"Nun ja, unschlagbar meinst du? Ich erinnere mich an einige..." Er wurde
wieder ernst. "Aber gut, wenn Ulf einverstanden ist," damit wandte er sich
wieder an Marek, "so habt ihr eure Begleiter."
Mit diesen Worten ging er weiter. Marek schaute mich belustigt an.
"Er scheint nicht sehr erfreut über meine Wahl."
Schon allein das Aussenden eines unerfahrenen Kriegers auf eine unbekannte,
möglicherweise gefährliche Mission, war eine sehr ungewöhnliche Sache. In
diesem Fall dagegen wurden gleich zwei ausgewählt, was die Entscheidung für
Qua-Kehk sehr schwer machte. Ich erklärte dies Marek und er nickte.
"Aber du wirst mir einfach glauben müssen, wenn ich dir sage, dass ich ganz
einfach das Gefühl hatte, diese Entscheidung sei die richtige. Ich habe
gelernt, solche Eingebungen ernst zu nehmen, wenn du allerdings Bedenken
hast, sprich sie lieber sofort aus, denn ich zwinge niemanden dazu, mir zu
folgen."
Nicht nur, dass ich ihn gerne begleiten wollte, ich hätte mich jetzt auch
nicht mehr zurückhalten lassen. Nur die Frage, auf welche Mission er uns
denn führen wollte, antwortete er ausweichend.
"Ich habe noch keinen festen Plan, darum werden wir uns nachher mit Vendor
und Ulf zusammensetzen und gemeinsam überlegen. Bis dahin sollte es dir
genügen, wenn ich dir sage, dass Vendor nie einer Herausforderung ablehnt,
so unvernünftig dies auch scheinen mag." Er grinste mich an. "Du wirst
verstehen, dass ich ihn in jedem Fall darin unterstützen werde."
Der Kampf mit Shenk
Wir verbrachten den Tag mit Vorbereitungen und Schlaf, da wir bei Einbruch der Dunkelheit aufbrechen
wollten. Ulf und ich kannten einen verborgenen Pfad, der quer durch den Berg
bis ins Eishochland führte, direkt in den Rücken der Belagerer. Jedoch wären
wir auf diesem an einigen Stellen bei Tageslicht schon von weither sichtbar.
Wir mussten also trotz des schwierigen Pfades die Reise ohne Licht machen.
Ich brauche nicht zu erwähnen, dass wir uns allerlei Blessuren zuzogen,
Andenken an Stellen mit wenig Halt für Hände und Füße. Mitternacht war
längst vorüber, als wir die kurze Schlucht erreichten, die das Eishochland
vom Vorgebirge trennte. Jedoch war diese Stelle nicht ganz so verlassen, wie
wir es gehofft hatten. Eine Gruppe von sechs Dämonenwesen hielt hier Wache.
Sie ähnelten denjenigen, die schon die Katapulte gebaut hatten, jedoch war
ihr Anführer etwas größer und hatte, anstatt einer grünlichen wie seine
Untergebenen, eine bläulich schimmernde Hautfarbe. Glücklicherweise trugen
sie keine Waffen, sondern kämpften nur mit Zähnen und Klauen. So wild, wie
sie uns angriffen, hätten sie sonst eine wirkliche Gefahr bedeutet.
Ich hatte gerade noch Zeit, einen Warnruf auszustoßen, dann sah ich mich
schon dreien von ihnen gegenüber. Merkwürdig langsam und schwerfällig
schienen sie sich plötzlich zu bewegen. Noch bevor ich den ersten Schlag
parieren musste, war schon der erste von ihnen tot. Mein nächster Hieb traf
einen in einem ungünstigen Winkel, so dass er nur einen Schlag mit der
flachen Klinge an den Kopf bekam, jedoch warf er ihn ein wenig zurück und
verschaffte mir genug Luft, um dem dritten einen tödlichen Streich zu
versetzen. Der zweite war immer noch benommen, als mein Schwert ihm den Kopf
vom Hals trennte.
Ein rascher Blick in die Runde verriet mir, dass meine Gefährten in keiner
Gefahr waren. Marek versetzte gerade dem Anführer den Todesstoß und Vendor
ging hinter einem aus der Leiche eines unserer Gegner beschworenen Skelettes
in Deckung, während ein merkwürdiger Golem aus Fels und Erde den letzten der
Dämonen buchstäblich in zwei Teile riss. Nur Ulf schien ein Problem zu
haben.
Wie ich später erfuhr, hatte das merkwürdige Wesen, dem er jetzt
gegenüberstand, ihn mitten im Kampf von hinten angegriffen. Nun hüpfte es
vor ihn auf und nieder und schoss dabei mit kleinen Feuerblitzen nach ihm,
die zwar nicht gefährlich, aber dennoch sehr schmerzhaft zu sein schienen.
Jedes Mal, wenn Ulf sein Schwert in die Richtung des Wesens schwang,
verschwand es von seinem Platz nur um gleichzeitig neben oder hinter Ulf
wieder aufzutauchen - scheinbar konnte diese merkwürdige Kreatur sich über
kleinere Entfernungen teleportieren. Auf diese Art bot er uns ein sehr
lächerliches Bild, wie er da um sich Luftlöcher schlug. Als dieses Wesen, es
schien ein Kobold zu sein,, bemerkte, wie wir anderen auf es zukamen,
ergriff es jedoch die Flucht. Mit kurzen aber schnellen Sprüngen versuchte
es, in Richtung Vorgebirge zu entkommen.
"Lasst es nicht entwischen." Diese Worte rief Marek uns zu, während er einen
Dolch aus dem Gürtel riss und diesen warf. Er hatte genauso wenig Glück wie
Ulf mit seinen Schwerthieben.
Vendor blieb stehen und zielte mit seinem Stab auf das Wesen. Zwei
weißleuchtende Kugeln lösten sich von der Spitze des ansonsten so
unscheinbaren Stabes und flogen mit erstaunlicher Langsamkeit hinter dem
Kobold her. Dieser bemerkte die neue Gefahr und versuchte, sich mit wilden
Sprüngen und erneuter Teleportation in Sicherheit zu bringen. Die Geschosse
jedoch folgten ihm, umkreisten ihn langsam und kamen dabei immer näher.
Schließlich traf ihn eines mitten im Sprung, das zweite schlug kurz danach
in den bereits toten Körper ein.
Wir verbargen die Spuren des Kampfes und warfen die Leichen in einem kleinen
Graben, um nicht noch andere der Monster auf unsere Spur zu locken. Vendor
sprach dabei in spöttischem Tonfall vor sich hin, von großen Kriegern, die
einen kleinen Kobold nicht ohne Hilfe fangen konnten. Auch ich musste bei
der Erinnerung wieder grinsen. Schließlich lachte auch Ulf, der bis dahin
mit verbissener Miene das Blut am Kampfplatz mit Sand überschüttet hatte.
Wir hatten unseren ersten gemeinsamen Kampf bestanden, ohne dass jemand von
uns verletzt worden war.
Wir folgten dem Weg ins Vorgebirge bis wir in einiger Entfernung Bewegung
erblickten. Den Rest des Weges dorthin legten wir auf allen Vieren in einem
kleinen Graben zurück. Schließlich erreichten wir eine Stelle, von der aus
wir einen guten Überblick hatten. Ein paar Büsche am Rand des Grabens boten
uns genug Deckung, um den Kopf herauszustrecken.
Ein gutes Dutzend der Dämonen waren dort dabei, ein weiteres Katapult zu
errichten. Zu meinem Entsetzen bestand dieses nicht nur aus Holz und Stahl,
sondern aus lebenden Wesen, die auf irgendeine Weise mit den unbelebten
Teilen verschmolzen zu sein schienen. Unter den Hammerschlägen der Arbeiter
schrieen und wimmerten sie.
Abseits dieser Gruppe stand der Aufseher, Shenk, und schwang seine Peitsche
mal hierhin, mal dorthin, um die Arbeiter anzutreiben. Aus dieser Nähe sah
er noch gewaltiger aus als beim letzten Mal und sein grausamer
Gesichtsausdruck verriet, dass er kein Mitleid mit den Kreaturen empfand,
die dort gequält wurden.
"Ist das Blut an eurem Arm, mein Freund?" Eine Berührung Vendors lenkte mich
von dem Geschehen in der Entfernung ab. Mit einem Kieselstein, etwa halb so
groß wie seine Faust, strich er über eine Schramme, die ich mir irgendwo auf
dem Weg zugezogen hatte.
"Ich könnte ja auch meines nehmen, aber dafür müsste ich mich extra
schneiden" sagte er mehr zu sich als dass er mit mir redete. "Nur fragt
sich, wie wir die Steine jetzt nach dort unten bekommen."
Ich verstand gar nichts von alledem.
"Was wollt ihr mit Steinen anfangen, noch dazu mit so kleinen? Die werden
diesem Biest nicht einmal weh tun."
Vendor kicherte. "Oh, diese hier doch, diese beiden hier schon", dabei hielt
er den ersten, blutbeschmierten, und noch einen zweiten Stein hin. Der
zweite hatte ein kleines Loch, in das er gerade einen Knochensplitter
presste.
"Vertraut mir ruhig, diese hier schon. Auch wenn es unserem Freund hier", er
schaute dabei grinsend zu Marek, "nicht immer besonders gefällt."
Fragend blickten Ulf und ich zu Marek, der uns zunickte. "Keine Frage,
zuerst habe ich es für schwarze Magie gehalten, aber inzwischen vertraue ich
den Kräften Vendors, so merkwürdig sie auch sind."
Erneut streckte dieser mir die Steine hin. "Wirf sie, starker Krieger, wirf
sie weit. Sie müssen dem Biest dort drüben direkt vor die Füße fallen, sonst
ist dein Blut und meine Magie vergeudet."
Ich nahm die Steine und maß die Entfernung mit den Augen. Zu unserem
Kampftraining hatte natürlich auch das Werfen von Waffen gehört, so dass
diese Aufgabe ein Kinderspiel für mich sein sollte. Ich richtete mich auf,
schleuderte die Steine mit beiden Händen und war rechtzeitig wieder in
Deckung, um sie am Boden, genau zwischen den Füßen der Kreatur, aufkommen zu
sehen.
In dem Moment als sie aufprallten geschahen zwei Dinge. Das eine, was ich
nur undeutlich wahrnahm, war eine große, rötliche Gestalt, die aus einem der
Steine wuchs. Als zweites, der Grund für die undeutliche Wahrnehmung, schoss
eine dichte Wand aus Knochen rund um Shenk aus der Erde. Sie war zu groß um
sie zu überspringen und schien zu dicht und zu stabil, sie mit roher Gewalt
zu zerstören. Als aus dem Inneren seines plötzlichen Gefängnisses Shenks
wütendes Aufheulen zu vernehmen war, erhob sich Vendor und richtete seinen
Stab auf die dicht gedrängten, verwirrten Diener der Kreatur. Verwirrt sahen
diese plötzlich auch aus, wie irrsinnig rannten sie umher und schlugen
aufeinander ein.
Grinsend schaute Vendor uns an. "Ich habe sie abgelenkt, erledigen wir sie,
bevor sie wieder zu sich kommen." Mit diesen Worten schickte er einen um den
anderen seiner Magieblitze in die verwirrte Horde.
Ulf und ich sahen uns einen Augenblick lang verblüfft in die Augen, dann
sprangen wir auf und stürmten, gefolgt von Marek, in den Kampf.
Erneut hatte ich das Gefühl, die Monster würden sich langsam und
schwerfällig bewegen, mit traumhafter Sicherheit bewegte ich mich zwischen
ihren Reihen hindurch und streckte eins ums andere nieder. Die merkwürdige
Verwirrung, mit der Vendor sie verflucht hatte, half mir noch dabei, sahen
mich die meisten der Dämonen doch erst, wenn es schon längst zu spät für sie
war. Schließlich erkannte ich in Marek den Grund für die Langsamkeit der
Feinde. Eine hellblau schimmernde Aura umgab ihn, die sich in seiner
unmittelbaren Nähe merkwürdig kalt anfühlte, weiter aber keine Wirkung auf
mich auszuüben schien. Für die uns umgebende Dämonenhorde jedoch sah die
Sache anders aus. Näherte sich einer von ihnen Marek, so schien die Luft um
ihn zu gefrieren und behinderte dabei seine Bewegungen ungemein.
Beeindruckt von den Fähigkeiten Mareks wandte ich mich dem nächsten Gegner
zu und in kurzer Zeit stand keiner von ihnen mehr. Mich umschauend erblickte
ich Ulf, der gerade sein Schwert säuberte sowie Marek und Vendor, die vor
der merkwürdigen Wand aus Knochen standen. Vendor war umgeben von einigen
Skeletten, erweckt aus den Kadavern seiner Gegner, und zusätzlich hatte er
sich mit einer wirbelnden Rüstung aus Knochen umgeben. Die Schreie der Wut
und des Schmerzes, die aus dem Inneren des merkwürdigen Gefängnisses kamen,
schienen ihn zu amüsieren. Mit einer kurzen Handbewegung ließ er die
knöchernen Wände zusammenbrechen.
Jetzt konnte ich auch das rote Etwas erkennen, das zusammen mit Shenk dort
eingesperrt worden war. Wieder hatte Vendor hier einen Golem geschaffen,
diesmal jedoch einen aus Blut. Es sah aus, als hätte man einem Übergroßen,
dicken Mann die Haut abgezogen. Pulsierende Adern zeichneten sich direkt auf
dem roten Fleisch ab und rote Fußstapfen blieben zurück, als sich der Golem
auf einem Wink seines Herren zurückzog.
Verwirrt schaute Shenk sich um, dann richtete er seine Augen auf Vendor.
"Du." Verblüffung zeigte sich auf seinem Gesicht ab.
"Ja, ich." Vendor strahlte ihn regelrecht an. "Du hast mich doch eingeladen,
erinnerst Du Dich nicht?"
Plötzliche Wut verzerrte Shenks Gesicht und er bewegte sich einen Schritt
auf Vendor zu. Wir alle erhoben warnend unsere Waffen, was ihn zum Einhalten
brachte.
"Du hast meine Magie jämmerlich genannt?" Vendors Stimme strahlte immer noch
Freundlichkeit aus, die hier eigentlich fehl am Platze war. "Ich mache Dir
einen Vorschlag. Nur Du und ich, dann kannst Du mir zeigen, wie jämmerlich
sie ist."
Nicht nur Marek warf ihm einen überraschten Blick zu. Doch Vendor hob die
Hand, um unsere Einwände abzuwehren.
"Ich habe es gesagt, und ich stehe zu meinem Wort. Nun?" Die letzte Frage
war wieder an Shenk gerichtet, über dessen Gesicht ein wahrhaft böses
Grinsen ging.
"Nun gut, Sterblicher, wir wollen sehen, wer von uns beiden stärker ist. Und
ihr -", überheblich wandte er sich an uns, "ihr habt die Worte Eures
Freundes gehört. Tretet zurück."
Ein leises Rascheln kündete davon, dass Vendor seine Knochenrüstung neu
beschwor. Die Skelette traten näher zusammen und bildeten einen dichten
Schutzwall um ihn. Wir drei traten zurück um den beiden Platz zu schaffen.
Mit einem Aufschrei versuchte sich Shenk auf Vendor zu stürzen, traf jedoch
auf entschiedene Gegenwehr durch dessen Skelette. Während Shenk noch mit
ihnen beschäftigt war, stürzte sich der Golem von hinten erneut auf ihn.
Vendor hatte unterdessen seinen Stab erhoben und murmelte etwas, wobei er
auf Shenk zeigte. Gleichzeitig drängten die Skelette diesen zurück, so dass
er sich plötzlich dem Blutgolem gegenüber sah. Wütender als zuvor riss Shenk
diesem mit einem einzigen Schlag seiner Krallen den Oberarm bis auf den
Knochen auf. Doch zu meinem Erstaunen verschwand die schreckliche Wunde
sofort wieder, nur um statt dessen auf Shenks Arm zu erscheinen. Mit einem
ungläubigen Blick erst auf seinen Arm und dann auf Vendor wich dieser
zurück. Was nun folgte war kein Kampf mehr, sondern das reinste Gemetzel.
Vendors Kreaturen kreisten den Dämonen ein und rissen ihn buchstäblich in
Fetzen. Wehrte sich dieser, so fügte er die Verletzungen nicht seinen
Gegnern, sondern sich selbst zu. Nur wenige Minuten dauerte der ungleiche
Kampf, dann lagen Shenks Überreste am Boden.
Doch auch an Vendors Kräften hatte der Kampf gezehrt, erschöpft setzte er
sich auf einen Stein.
Die Gefangenen
Wir gönnten uns nach dem Kampf mit Shenk keine lange Ruhepause. Ohne ihren Anführer wären die Dämonen-Diener
nicht mehr in der Lage, die Belagerung aufrecht zu erhalten, darin waren wir
uns einig, deshalb überließen wir das zerschlagen des Belagerungsheeres den
Kriegern der Siedlung und drangen weiter ins Eishochland vor. Vorsicht war
hier angesagt, waren doch in den ersten Tagen des Krieges hier viele Kämpfer
verloren gegangen, ohne dass wir je die Leichen gefunden hatten. An die von
Vendor erwähnte Möglichkeit, wir könnten in Kürze unseren eigenen, nun
untoten Kriegern gegenüberstehen, wollte ich vorerst nicht denken. Außerdem
hatten wir alle Hände voll zu tun, uns gegen noch mehr der teleportierenden
Kobolde zu wehren. Langsam lernten wir auch Strategien, sie zwischen uns zu
treiben und dann von zwei Seiten zu attackieren. Jedoch waren die
Feuerblitze, mit denen sie um sich schossen, äußerst schmerzhaft und drohten
langsam aber sicher, unseren Kampfeswillen zu zermürben.
Glücklicherweise boten viele Hügel, Gräben und Hausruinen genug Deckung, um
den meisten Kämpfen aus dem Weg zu gehen.
Vor der Ankunft Baals hatten die Hirten hier große Viehställe und Wohnhäuser
als Winterquartiere unterhalten, jetzt zeugten davon nur noch verfallene
Ruinen. Es war einer dieser scheinbar verlassenen Orte, der unsere
Aufmerksamkeit weckte. Die Sonne näherte sich mittlerweile schon den
westlichen Berggipfeln und in den länger werdenden Schatten wurde es
schwerer, unsere Feinde schon aus der Entfernung zu erspähen. Vendor hatte
vorgeschlagen, die Nacht in einer der besser erhaltenen Ruinen zu
verbringen, wo wir in relativer Sicherheit vor einer plötzlichen Entdeckung
wären.
Eines der verfallenen Gemäuer schien etwas besser erhalten zu sein als die
umstehenden, also schlugen wir unser Lager darin auf. Der kalte, ewig
launische Wind des Eishochlands wurde auf ein erträgliches Maß reduziert und
selbst das löchrige Dach würde uns vor einem kurzen Regenschauer schützen.
Sogar etwas Stroh war in der angrenzenden Scheune noch aufzutreiben. Im
Schutze der Mauern entzündete Vendor ein kleines Feuer und schon bald saßen
wir darum und unterhielten uns leise, während einige Skelette Wache hielten.
In meinem Inneren jedoch blieb ich unruhig. Zuerst führte ich es auf die
feindliche Umgebung und die ungewöhnlichen Ereignisse der letzten Tage
zurück. Aber allmählich fiel mir auch bei meinen Gefährten eine gewisse
Unruhe auf. Selbst Vendor, der sonst nie um einen derben Scherz verlegen
war, wurde stiller. Plötzlich stand er auf und schaute suchend in die Runde.
"Irgend etwas stimmt hier nicht, ich spüre das." Keiner widersprach ihm.
Dann begriff ich plötzlich, was mich die ganze Zeit beunruhigt hatte.
"Hat jemand in diesem Haus Spuren von Dämonen gefunden?", fragte ich. Ulf
zog wortlos sein Schwert und auch Vendor hatte mich verstanden. Er hob eine
Handvoll Erde auf und begann eine Beschwörung zu murmeln. Nur Marek schaute
mich fragend an.
"Nun, in jeder Ruine, die wir heute durchsucht haben, fanden wir mehr oder
weniger frische Spuren. Nur ausgerechnet hier nicht", erklärte ich meine
Gedanken.
Jetzt nickte auch Marek. "Wir sollten hier verschwinden. Sofort!"
"Euer Lordschaft wollen schon gehen? Wie schade für den Gastgeber." Die
Stimme des Sprechers hatte einen tiefen, unangenehmen Klang, der mir leichte
Schauer über den Rücken jagte.
Aus einem Raum, der vor einigen Minuten noch leer gewesen war, stapfte ein
gut fünf Schritt großer Koloss auf uns zu. Auf seinem Rücken trug er ein
Gestell, in dem einer der leidigen Kobolde hockte, mit denen wir uns schon
den ganzen Tag herumgeschlagen hatten. Hinter ihm folgten zwei weitere der
Giganten, welche ebenfalls einen Kobold als Reiter trugen. Ein rascher Blick
zur Tür belehrte mich darüber, dass uns dieser Weg verstellt war. Eine
Gruppe von Dämonen, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte, drängte dort
langsam Vendors Skelette zurück.
Vendor schleuderte die Handvoll Erde in die Richtung der drei Giganten. Ein
Golem aus Stein und Erde erhob sich zwischen ihnen und griff den vorderen
von hinten an. Wir vier drängten sofort zur Tür, um mit Hilfe der restlichen
Skelette die Reihen der dort lauernden Monster zu durchbrechen. Jedoch noch
bevor ich meinen ersten Schwertstreich tun konnte, zerbarst der Golem unter
einem sengend heißen Flammenstrahl, welche die Kobolde aus ihrer sicheren,
erhöhten Position auf ihn richteten. Wie wenig dieses Feuer mit den zwar
lästigen, aber doch harmlosen Blitzen, welche die Kobolde sonst auf uns
geschossen hatten, zu tun hatte, erfuhren wir, als einer der Kolosse sich
herumdrehte und Ulf dabei wie beiläufig von dem Strahl gestreift wurde. Ein
Schmerzensschrei entfuhr ihm und er brach zusammen. Sein rechtes Bein war
vom Knie abwärts nur noch eine schwarze, verkohlte Masse.
Der Kobold ließ das Feuer ersterben und wandte sich an Marek.
"Legt die Waffen nieder, und wir werden Euer Leben und das Eurer Gefährten
verschonen. Doch wenn ihr kämpfen wollt, nun", dabei deutete er mit einem
Schulterzucken auf Ulf, "so schaut Euch Euren Freund noch einmal genau an.
Zur Warnung."
Einen Augenblick stand Marek wie betäubt, dann sah er mir in die Augen und
erkannte die stumme Frage darin. Er blickte zu Vendor, doch dieser
schüttelte nur müde den Kopf und machte eine Handbewegung zu seinen
Skeletten hin, die daraufhin zusammenbrachen.
"Wir haben viele Kämpfe zusammen geschlagen, Gotteskrieger, doch heute sind
wir unterlegen. Ergeben wir uns, denn ich habe das Gefühl, sie werden unser
Leben tatsächlich noch verschonen."
Die Monster drängten durch die Tür und entwaffneten uns, erlaubten es Marek
jedoch, sich um Ulfs Verletzungen zu kümmern. Schließlich öffnete eines von
ihnen eine verborgene Falltür im Nebenraum und wies uns an, ihm dort
hindurch zu folgen. Eine schmale Treppe führte dort unter die Erde. Der
Dämon ging voran, gefolgt von Vendor, der wiederum von zwei weiteren der
Dämonen bewacht wurde. Marek und ich trugen Ulf. Wir brauchten nicht weit zu
gehen, denn die Treppe mündete schnell in einen weiten Gang, von dem mehrere
Räume abgingen. Ich erkannte, dass dieses Gehöft vor der Besetzung durch die
Truppen Baals einer Schmugglerbande gehört haben musste, in deren
Vorratsräumen wir uns nun befanden. Unsere Begleiter führten uns zu einem
der Räume, der mit einer schweren, eisenbeschlagenen Tür verschlossen war.
Diese wurde nun für uns geöffnet und nachdem wir hindurch getreten waren,
wieder verschlossen. Wir waren gefangen.
Marek und ich legten den inzwischen bewusstlosen Ulf vorsichtig in einer
Ecke auf den Boden, während Marek an der Tür horchte.
"Es sind mindestens zwei Wachen davor", flüsterte er und zu "und mindestens
einer steht noch etwas weiter weg. Mir scheint, wir sind nicht die einzigen
Gefangenen hier."
Marek nickte und betrachtete dann Ulfs Bein. "Ich weiß nicht, ob ich ihn
vollständig heilen kann. Jedenfalls werde ich Zeit brauchen und Ruhe." Er
schaute plötzlich auf mich. "Und wenn mindestens einer von Euch möglichst
schnell verschwindet, werde ich mehr Ruhe haben."
Vendor hatte sich schon umgesehen und deutete auf ein Loch in der Decke.
"Wenn ich nur etwas brennendes dort hinauf bekommen würde, mir scheint
nämlich, dass wir uns unter dem hölzernen Boden der Scheune befinden."
"Aber dann werden wir doch verbrennen", setzte ich an, verstummte jedoch,
als ich Mareks Lächeln sah und mich an unser Erlebnis auf der Stadtmauer
erinnerte. "Nun gut, aber wie dann weiter?"
"Mein Golem wird sie eine Weile beschäftigen. Damit wird ein es für Euch
leichter zu entkommen."
"Nur ich?" Entsetzt sah ich ihn an. "Und Euch hier zurücklassen? Niemals!"
Empört wandte ich mich Marek zu, der mir jedoch mit einer knappen
Handbewegung Schweigen gebot.
"Vendor hat wie immer recht.", lächelte er. "Wir zwei bleiben hier und
decken Eure Flucht so lange wir nur können. Ihr kommt alleine schneller
voran und Ihr kennt den Weg besser als wir. Kehrt nur so schnell wie möglich
mit Hilfe wieder."
So sehr es mir auch widerstrebte, meine Gefährten im Stich zu lassen, ich
musste schließlich doch nachgeben. Niemals könnten wir uns zu dritt den Weg
freikämpfen, schon gar nicht, mit dem verletzten Ulf. Einmal in der Stadt,
wäre ich jedoch in der Lage, eine größere Schar Krieger zu versammeln um
meinen Gefährten zu Hilfe zu eilen.
noch unfertige Kapitel
Khan ist geflohen und wird von einigen der Dämonen verfolgt. Unterwegs rennt er in eine weitere Horde der Wesen, die sich der Verfolgung anschließt.
Lange hielt ich die wilde Jagd nicht durch und drei meiner Verfolger drängten mich schließlich gegen einen Felsen. Mit mehr kraftvollen als gezielten Schwerthieben hielt ich sie mir noch vom Leibe, jedoch nahte schon der Rest der Horde, der meiner Flucht hier ein Ende machen würde.
"Nicht bewegen" rief plötzlich eine Stimme und eine Wand aus Feuer schoss vor mir aus dem Boden. Sengend heiße Glut umhüllte die Dämonen, die innerhalb weniger Sekunden zu Asche verbrannten. Ich hatte die Augen fest zusammengekniffen und presste mich mit aller Kraft rückwärts gegen den Felsen, trotzdem war die Hitze schier unerträglich und meine Kleider drohten sich zu entzünden. So plötzlich wie sie entstanden waren, erstarben die Flammen wieder und der kalte Wind des Hochlandes weckte meine Sinne wieder.
Mir gegenüber stand eine Frau.
Sendra
Khan und Sendra rasten, während sie den Gefangenentransport verfolgen.
Sie sitzen in einer Höhle, haben ein Feuer gemacht und essen etwas. Sie unterhalten sich
"Ich habe noch nie zuvor einen Barbarenkrieger im Kampf gesehen", sagte Sendra zwischen zwei Bissen. Ich zuckte mit den Achseln.
"Sieht sicher nicht anders aus, als bei anderen Kämpfern." Mit einem Grinsen in ihre Richtung fügte ich hinzu: "Nur dass wir besser kämpfen natürlich."
"Ja, das habe ich heute gemerkt."
Das hatte gesessen. Obwohl ich wusste, dass dieser Kommentar nicht wirklich ernst gemeint waren, traf er mich doch. Wütend, mehr über meine Reaktion als über sie, grub ich meine Zähne in ein Stück Fleisch.
"Ist es wahr, dass ihr im Kampf singt?" fragte sie, schon wieder versöhnlicher.
"Einige, ja. Es gibt Lieder, die, wenn sie richtig gesungen werden, sich auf den Sänger und seine Umgebung auswirken. Die Lebenskraft wird so gestärkt oder die Feinde geschwächt."
Das schien sie zu interessieren. "Wird dafür Magie gewirkt?"
"Diese Frage müsst ihr jemand anderem stellen. Ich weiß zu wenig über diese Dinge."
Enttäuscht schaute sie wieder ins Feuer. Eine Weile lang saßen wir still, dann blickte sie auf.
"Lass uns schlafen gehen, wir werden unsere Kräfte morgen brauchen."
Ich schlug vor, die erste Wache zu übernehmen, doch sie lachte nur. "Hier drin wird uns bestimmt niemand stören, und wenn doch, habe ich eine ganz besondere Überraschung für ihn bereit."
Sie stand auf und hielt ihre Glaskugel mit ausgebreiteten Armen in die Luft. Am Eingang der Höhle wuchs plötzlich ein Feuerball aus der Erde und entrollte sich zu einem dreiköpfigen Wesen. Zwei der Köpfe wandten sich dem Eingang zu, während der dritte uns stumm musterte.
"Glaub mir, wer immer unseren Schlaf zu stören versucht, wird sich wünschen, es nicht getan zu haben." Mit diesen Worten breitete sie ihre Decke an der Wand aus und rollte sich dann hinein.
Unbehaglich starrte ich dem merkwürdigen Feuerwesen in die Augen. Sollte ich so etwas den Rücken kehren und sogar dabei schlafen? Andererseits schien es Sendra nichts auszumachen und sie würde schon wissen, was sie da beschworen hatte. Mein letzter Gedanke, bevor der Schlaf mich übermannte, war dass Sendra vielleicht doch eine gute Rückendeckung auf dieser Rettungsmission sein würde.